Mitgliederversammlung zeigt Stabilisierung, strukturelle Herausforderungen und klare Zukunftsziele
Rückblick und Haltung: „Wir stellen uns den Themen – Schritt für Schritt“
Zu Beginn begrüßten der 1. Vorsitzende Robert Wäger und Manuela Mühlhammer, Selbstvertreterin im Vorstand, die Anwesenden und blickten auf ein intensives Jahr zurück. Wäger betonte die Qualität der internen Zusammenarbeit und sagte: „Wir sind als Team verlässlich, offen und lösungsorientiert. Genau das brauchen wir in Zeiten, in denen sich so viel verändert.“ Er verwies auf die positive Rückmeldung des Wirtschaftsprüfers, der die Lebenshilfe Freising als Organisation auf stabilem Weg sieht. Gleichzeitig sprach Wäger ein Thema an, das viele Familien bewegt: die Sorge um die Zukunft, wenn Eltern älter werden. „Wir werden alle nicht jünger. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig zu klären, wer unsere Menschen mit Unterstützungsbedarf später begleiten kann, wenn die Eltern, die diese Aufgabe oft übernehmen, dazu nicht mehr in Stande sind.“
Ein besonderes Signal war die Entscheidung des Vorstands, sich dem Beschluss der Bundesvereinigung anzuschließen und künftig konsequent von „Menschen mit Unterstützungsbedarf“ zu sprechen. Wäger wurde zudem als Beisitzer in den Bundesvorstand der Lebenshilfe gewählt (vgl. dazu unsere Berichterstattung).
Impulse aus Bayern und Berlin: Engagement, Reformbedarf und Selbstvertretung
Im Anschluss berichtete Monika Haslberger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende, aus dem Landes- und Bundesverband. Sie hob hervor, dass es bei den Wahlen sowohl im Landesverband als auch in der Bundesvereinigung mehr Bewerber*innen als Plätze gab – ein deutliches Zeichen für das Engagement innerhalb der Lebenshilfe. „Freising ist auf allen Ebenen sichtbar und konstruktiv beteiligt. Darauf können wir stolz sein“, sagte Haslberger.
Auf Bundesebene standen die angespannte Finanzierung der Eingliederungshilfe, die Diskussion um Begrifflichkeiten und die Umsetzung des Masterplans Selbstvertretung im Mittelpunkt. Die Bundesversammlung mit 400 Teilnehmenden habe gezeigt, wie groß der Reformbedarf sei. Haslberger selbst wurde erneut als stellvertretende Landesvorsitzende bestätigt.
Bericht der Geschäftsführung: „Wir haben eine Trendwende geschafft – aber der Weg bleibt anspruchsvoll“
Der umfangreichste Bericht des Abends kam von Geschäftsführer Johannes Reicheneder. Er stellte dar, dass die Lebenshilfe Freising 2024 erstmals seit Jahren wieder ein positives Jahresergebnis erzielte. Nach zwei schwierigen Jahren sei das Plus von 350.000 Euro ein klares Zeichen einer erfolgreichen Konsolidierung. Reicheneder betonte jedoch: „Die finanziellen Rahmenbedingungen bleiben anspruchsvoll. Die Kosten steigen, die Refinanzierung ist komplex und die Bürokratie umfassend.“ Die Lebenshilfe Freising begleitet mittlerweile rund 1.700 Menschen und beschäftigt etwa 700 Mitarbeitende. Zudem habe sich das Bild der Unterstützungsbedarfe stark verändert. Viele Menschen benötigen heute intensive Einzelbetreuung, wodurch Gruppenangebote in manchen Fällen nicht mehr passen. „Die Bedarfe steigen und werden komplexer. Unser System muss sich an diese Realität anpassen“, so Reicheneder.
Eine Frage aus der Mitgliedschaft zur ärztlichen Versorgung der Klient*innen in den Wohnhäusern, wenn die Eltern das nicht mehr stemmen könnten, griff er offen auf. „Wir bräuchten mehr Hausbesuche und eine flexiblere medizinische Versorgung. Ambulante Dienste können das in stationären Wohnformen leider nicht übernehmen.“ Die Pflegekoordination sei derzeit vor allem für Entlassmanagement und Pflegestandards zuständig.
Werkstätten zwischen Entlastung und Druck: „Wir rudern in dieselbe Richtung“
Albert Wittmann, Leiter der Isar-Sempt-Werkstätten, schilderte ein Jahr der Stabilisierung. Nach langen Defizitjahren erzielten die Werkstätten 2024 ein positives Ergebnis von 189.000 Euro. Die wirtschaftliche Lage bleibe jedoch schwierig. „Wir müssen realistisch bleiben. Die Auslastung sinkt, weil das produzierende Gewerbe in unserer Region wegbricht“, erklärte Wittmann. Zudem falle der größte Auftraggeber künftig weg. Gleichzeitig steige der Bedarf, da in den kommenden Jahren viele Schulabgänger*innen aus dem Förderzentrum erwartet werden. Der Platz werde knapp, deshalb seien mindestens 25 neue Förderstättenplätze auf dem Gelände der Gartenstraße geplant. Der Bezirk könne derzeit jedoch kaum finanzielle Mittel bereitstellen. Wittmann betonte zudem die Bedeutung des guten Miteinanders mit der Geschäftsführung des Vereins: „Wir sitzen nicht nur in einem Boot, wir rudern auch in dieselbe Richtung.“
Inklusionsbetriebe und Stiftung: stabile Entwicklung trotz schwieriger Märkte
Im Bericht über die Inklusionsbetriebe Freising gGmbH erläuterte Reicheneder, dass sich das Unternehmen nach herausfordernden Jahren stabilisiert habe. Gastronomie mit Catering und Tagungshaus (Viva Vita), GaLaBau und Gebäudereinigung (SerVita) entwickeln sich solide. Auch die Stiftung Lebenshilfe Freising konnte ihr Jahresergebnis verbessern und weist eine außergewöhnlich stabile finanzielle Basis auf.
Der Jahresabschluss 2024 wurde durch die Landestreuhand Weihenstephan geprüft und vollständig bestätigt. Die Mitgliederversammlung entlastete den Vorstand einstimmig. Anschließend wurden die Jubilare des Jahres 2025 geehrt.
Abschluss und Ausblick: „Wir bleiben eine Lebenshilfe-Familie“
Zum Abschluss der Versammlung richtete Wäger den Blick nach vorn: „Wir sind eine Lebenshilfe-Familie und das wollen wir bleiben.“ Er verwies darauf, dass im Vorstand weiterhin ein Platz frei ist und ermutigte interessierte Mitglieder zur Bewerbung.
Die Mitgliederversammlung machte deutlich, dass die Lebenshilfe Freising sich erfolgreich stabilisiert hat, gleichzeitig aber vor großen strukturellen und finanziellen Herausforderungen steht. Der Verein sieht sich gut aufgestellt, diese Aufgaben gemeinsam zu bewältigen und die Angebote für Menschen mit Unterstützungsbedarf nachhaltig zu sichern.
Stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Monika Haslberger (links), und Vorstandsvorsitzender, Robert Wäger (rechts), gratulierten den Ehrenjubilaren (v.l.n.r.) Hermann Diemer (50 Jahre), Anja Lackner (10 Jahre), Heinz Geiger (20 Jahre), Stephan Kraus (10 Jahre), Erich Winklhofer (10 Jahre), Heidi Sieber (50 Jahre), Angelika Fech (25 Jahre), Karl-Heinz Kiefer (10 Jahre) und Brigitte Kiefer (10 Jahre) zu ihrer langjährigen Mitgliedschaft bei der Lebenshilfe Freising. Die nicht anwesenden Jubilare erhalten ihre Ehrenurkunde auf dem Postweg.
Vorstandsvorsitzender Robert Wäger, Geschäftsführer des Lebenshilfe Freising e.V., der Stiftung Lebenshilfe Freising sowie der Inklusionsbetriebe Freising gGmbH, Johannes Reicheneder, und Geschäftsführer der Isar Sempt Werkstätten GmbH, Albert Wittmann, berichteten auf der Mitgliederversammlung detailliert über die aktuelle Situation.

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