Wohnungssuche im Landkreis Freising – Auch für Menschen mit Behinderung eine große Herausforderung!
Was ist eigentlich Inklusion? – Alle gehören dazu!
Inklusion bedeutet, dass alle Menschen – mit oder ohne Behinderung – dazugehören - in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Freizeit und eben auch beim Wohnen. Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die auch in Deutschland verbindlich gilt, beschreibt in Artikel 19 das Recht auf „Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft“. Heißt konkret: Menschen mit Behinderung sollen selbst entscheiden können, wo, wie und mit wem sie leben wollen – ohne verpflichtet zu sein in besonderen Wohnformen zu leben. Doch genau hier beginnt die Herausforderung. Wie sieht die Realität in Freising aus?
Die allgemeine Wohnungssituation in Freising – schon für Menschen ohne Behinderung schwer
Die Stadt Freising ist beliebt und wächst, das Leben hier ist attraktiv und heiß begehrt – aber genau das macht den Wohnraum knapp und teuer. Es wird zwar gebaut, aber meist im hochpreisigen Bereich. Geförderter Wohnraum entsteht dagegen viel zu wenig und reicht kaum aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Auch Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher bestätigt im Interview: „Freising ist eine attraktive Stadt mit hoher Nachfrage, was die Situation für Wohnungssuchende allgemein schwierig macht – für Menschen mit besonderen Bedürfnissen oft noch schwieriger.“
Die Herausforderungen für Menschen mit Behinderung
Eine passende Wohnung zu finden, ist für Menschen mit Behinderung besonders schwer: Denn es geht nicht nur um vier Wände, sondern um Barrierefreiheit, Erreichbarkeit und die Nähe zu Unterstützungsangeboten sowie eine soziale Umgebung, die Teilhabe ermöglicht. In der Realität stoßen sie jedoch auf viele Hürden:
- Fehlende barrierefreie und bezahlbare Wohnungen: Ältere Gebäude lassen sich nur mit großem Aufwand nachrüsten und die Mieten werden stetig teurer.
- Unsicherheiten bei Vermieter*innen: Es bestehen weiterhin Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung.
- Wenig Informationen: Viele wissen nicht, an wen sie sich wenden können oder wie sie einen geeigneten Wohnraum finden.
Eschenbacher bringt es auf den Punkt: „Es fehlt nicht nur an bezahlbarem Wohnraum, sondern auch an ausreichend barrierefreien, individuell anpassbaren Wohnungen. Dazu kommen organisatorische Hürden, lange Wartezeiten und oft zu wenig Informationen.“
Wie die Lebenshilfe Freising unterstützt – zwei gute Beispiele
Trotz aller Schwierigkeiten gibt es auch Beispiele, die Hoffnung machen und zeigen, dass es gehen kann: Die Lebenshilfe Freising begleitet über 1.200 Menschen mit Behinderung im Alltag – darunter auch im Bereich Wohnen.
- Betreutes Wohnen (BW): In kleinen Wohngemeinschaften oder Einzelwohnungen leben Menschen mit Behinderung vor Ort. Das BW dient als Übergang in ein selbstständigeres Wohnen und bietet die Möglichkeit, sich auf das Ambulant Unterstützte Wohnen vorzubereiten.
- Ambulant Unterstütztes Wohnen (AUW): Hier leben Menschen mit Behinderung selbstständig in ihrer eigenen Wohnung im Landkreis Freising. Fachkräfte kommen nach Bedarf stundenweise zur Unterstützung. Die Menschen entscheiden selbst, wobei sie Hilfe möchten und auch benötigen.
Das AUW zeigt: Rund 50 Klient*innen leben damit schon heute in ihrer eigenen Wohnung – selbstbestimmt, stolz und mit dem Gefühl, endlich angekommen zu sein.
Ein Teufelskreis: Kein Wohnraum – keine Perspektive
Ein großes Problem bleibt: Es gibt zu wenig barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum. Viele Menschen mit Behinderung sind dadurch gezwungen, in Übergangs- oder Gruppenwohnformen zu bleiben – oft jahrelang. Dadurch werden Plätze für andere blockiert, die dringend Unterstützung brauchen. Ein Ausweg scheint schwer – solange man nicht mutiger plant, baut und bereit ist, neue Wege zu gehen.
Was tut die Stadt Freising?
Die Stadt Freising ist sich der Herausforderung bewusst und arbeitet stetig daran, Wohnraum inklusiver zu gestalten. „Bei unseren öffentlich geförderten Wohnbauprojekten wird heute in der Regel auf Barrierefreiheit geachtet“ erklärt Eschenbacher, doch „der Bedarf übersteigt das Angebot bei Weitem“. Ein wichtiger Schritt ist, dass die Stadt Freising bei der Vergabe von Grundstücken vermehrt auf Baugruppen beziehungsweise Bauträger oder Wohnprojekte setzt, wie beispielsweise Genossenschaften, was sicher auch dem Inklusionsgedanken zu Gute kommt. „Das ist im Stadtrat breiter Konsens und wird auch über meine Amtszeit hinaus weiterverfolgt“, so der OB.
Haltung, Sichtbarkeit und Mut – das Herzstück von Inklusion
Gleichzeitig macht der Oberbürgermeister auch deutlich: Es geht nicht nur ums Bauen oder um Geld: „Oft ist es auch eine Frage der Haltung in einer Gesellschaft.“ Was ist damit gemeint? Geld allein reicht nicht aus, um echte Inklusion beim Thema Wohnen zu ermöglichen. Natürlich sind finanzielle Mittel wichtig, aber entscheidend ist die innere Haltung zum Thema ‚Menschen mit Behinderung‘ und ‚Inklusion‘. Wie denken wir über Menschen mit Behinderung? „Wer selbst nicht betroffen ist oder enge Kontakte hat, dem bleiben die konkreten Schwierigkeiten oft verborgen. Vieles hat mit fehlender Sichtbarkeit zu tun“, laut Eschenbacher.
Es wird klar: Es braucht mehr Offenheit, mehr Vertrauen und mehr Sichtbarkeit für das Thema. Menschen mit Behinderung wollen und können selbständig wohnen.
Warum Vermieten an Menschen mit Behinderung eine gute Entscheidung ist
Wer sich dazu entscheidet, an einen Menschen mit Behinderung zu vermieten, gibt mehr als nur Wohnraum – man schenkt damit ein Stück Zugehörigkeit. Aber es gibt weitere gute Gründe, um an Klient*innen der Lebenshilfe Freising zu vermieten:
- Die Miete ist gesichert.
- Die Klient*innen der Lebenshilfe Freising werden regelmäßig durch das Fachpersonal begleitet und unterstützt.
- Bei Fragen steht die Einrichtung als Ansprechpartner zur Verfügung.
- Vielfalt belebt - eine inklusive Hausgemeinschaft kann ein echter Gewinn sein.
- Begegnung verändert den Blick aufs Leben.
Eschenbacher bringt es auf den Punkt: „Inklusion beginnt mit Aufmerksamkeit und Zuhören – das passiert noch zu selten.“ Inklusion bedeutet nicht, Menschen irgendwo unterzubringen, sondern sie als gleichberechtigten Teil der Gesellschaft zu sehen, auch beim Thema Wohnen.
Fazit: Eine Wohnung ist mehr als vier Wände
Abschließend lässt sich sagen: Eine eigene Wohnung zu beziehen ist mehr als nur vier Wände zu haben. Es bedeutet ein Zuhause zu haben sowie Ruhe, Privatsphäre und gewonnene Selbstbestimmung durch die entstehende Eigenständigkeit. Das führt somit zu mehr Selbstvertrauen und zu einer gelungenen Teilhalbe in der Gesellschaft. Genau das wünschen sich Menschen mit Behinderung auch.
Wer bereit ist, Menschen mit Behinderung eine Wohnung zu geben, schenkt nicht nur Platz zum Leben, sondern auch das Gefühl dazuzugehören. Es braucht Offenheit, Herz und auch Mut, neue Wege zu gehen – als Vermieter*in, als Nachbar*in und als Teil unserer Gesellschaft. Denn echte Inklusion beginnt genau da: wenn wir aufeinander zugehen, uns gegenseitig zuhören und Türen für unser Gegenüber öffnen.
Ansprechperson bei Interesse
Wenn Sie sich näher für das Thema interessieren oder überlegen, Wohnraum an Menschen mit Behinderung zu vermieten, wenden Sie sich gerne an:
Franz Kratzer
Fachbereichskoordination Gemeinschaftliches Wohnen der Lebenshilfe Freising
Tel. 08161 / 81803
Pia Neuhartinger:
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