Tel. 08161 4830 0

Teilhabe bleibt ein Menschenrecht – und Freising gestaltet diesen Anspruch entscheidend mit.

Die Beschlüsse und Wahlen bei der Lebenshilfe Bayern und der Bundesvereinigung Lebenshilfe setzen eine klare Richtung: Teilhabe soll verlässlich bleiben, auch in Zeiten knapper politischer und finanzieller Spielräume. Gleichzeitig setzt der Verband ein starkes Zeichen für respektvolle Sprache und Selbstvertretung. Vertreter*innen aus Freising spielen dabei auf Landes- und Bundesebene eine zentrale Rolle.

Lebenshilfe-Wahlen 2025: Klare Entscheidungen, neue Bezeichnungen und starke Stimmen aus Freising

Landesversammlung: Klare Botschaft für verlässliche Teilhabe

Bei der Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Bayern am 12. Oktober 2025 in Augsburg wurde Carolina Trautner als Landesvorsitzende bestätigt. Die Landtagsabgeordnete und frühere Sozialministerin formulierte in ihrer Rede eine deutliche Forderung: „Teilhabe ist kein Privileg, sondern ein Menschenrecht. Auch in schwierigen Haushaltsjahren darf dieses Recht nicht infrage gestellt werden.“ Die Delegierten verabschiedeten eine Resolution, die Politik und Kostenträger zu stabilen Rahmenbedingungen verpflichtet.

In den Landesvorstand wiedergewählt wurden Monika Haslberger von der Lebenshilfe Freising und Andrea Siemen aus München als stellvertretende Vorsitzende. Haslberger engagiert sich seit 2005 im Landesvorstand und gehört zu den erfahrensten Stimmen im Verband.

Hohe Auszeichnung: Bezirksmedaille für Monika Haslberger

Kurz zuvor wurde Monika Haslberger vom Bezirk Oberbayern mit der Bezirksmedaille geehrt. Bezirkstagspräsident Thomas Schwarzenberger überreichte die Auszeichnung bei einer Festveranstaltung im Kloster Seeon. Er betonte: „Wir wissen, welch großer Schatz das Ehrenamt für unsere Gesellschaft ist.“ Haslbergers Engagement begann 1980 mit der Geburt ihrer Tochter mit Down-Syndrom und entwickelte sich zu einem jahrzehntelangen Wirken auf allen Ebenen der Lebenshilfe – lokal, bayernweit und bundesweit. Seit 1999 steht sie an der Spitze der Lebenshilfe Freising und wirkte seit 2008 auch im Bundesvorstand mit. Für ihr bundesweites Engagement wurde Haslberger zudem die Ehrenmitgliedschaft der Bundesvereinigung zuteil.

Bundesversammlung: Neue Begriffe, klare Signale und starke Selbstvertretung

Auf der Bundesversammlung am 14./15. November 2025 in Berlin wurde Ulla Schmidt von mehr als 400 Vertreter*innen der Lebenshilfen mit 96 Prozent der Stimmen erneut zur Bundesvorsitzenden gewählt. Seit 2012 führt sie die Bundesvereinigung Lebenshilfe und gilt als wichtige Stimme für Inklusion. Sie erinnerte daran, „dass der Weg von Fürsorge zu echter Teilhabe ein langer ist, aber Menschen mit Unterstützungsbedarf längst zu selbstbewussten Expertinnen und Experten in eigener Sache geworden sind“.

Ein zentraler Beschluss betrifft die künftige Bezeichnung für den Personenkreis, den die Lebenshilfe begleitet. Die lange als verletzend empfundene Bezeichnung „Menschen mit geistiger Behinderung“ wird durch „Menschen mit Unterstützungsbedarf“ ersetzt. Bei Bedarf kann ergänzt werden: mit kognitiver Beeinträchtigung. Die Bezeichnung soll zunächst innerhalb der Lebenshilfe geändert werden, jedoch erwartet der Verband eine schrittweise Verankerung dieser Begriffe im gesellschaftlichen Sprachgebrauch.

Freising im Bundesvorstand: Robert Wäger gewählt

Mit Robert Wäger wurde ein Vertreter der Lebenshilfe Freising in den Bundesvorstand gewählt. Als Kommunalpolitiker kennt er die Herausforderungen vieler Träger und Einrichtungen. Im Interview gemeinsam mit Monika Haslberger erläutert er seine Pläne:

Herr Wäger, welche Schwerpunkte wollen Sie im Bundesvorstand setzen?

Robert Wäger: „Die ersten Monate werde ich nutzen, um mich strukturell einzuarbeiten. Ein wichtiges Anliegen ist mir, kommunale Erfahrungen einzubringen und zu prüfen, welche Aufgaben, die bislang von den Kommunen getragen werden, stärker durch Bundesfinanzierung unterstützt werden könnten. Zudem sind die Themen Arbeit und Wohnen für Menschen mit Unterstützungsbedarf für mich von besonderer Bedeutung.“

Wie planen Sie Ihr Engagement organisatorisch?

Robert Wäger: „Die Termine werden durch die Geschäftsstelle koordiniert. Zusätzlich möchte ich Kontakt zu Ortsverbänden in Bayern aufnehmen und den Austausch mit deren Vorständen suchen. Viele Anregungen entstehen vor Ort, und ich möchte diese Perspektiven in den Bundesvorstand einbringen.“

Wie groß ist Ihrer Meinung nach der Handlungsspielraum des Bundesvorstands?

Robert Wäger: „Ich denke, wir können viel bewegen. Die Nähe zum Bundestag ist ein Vorteil. Wir können Anliegen sichtbar machen, und auch der Austausch mit bayerischen Bundestagsabgeordneten ist wichtig. Gute Beispiele dafür, was bereits erreicht wurde, kann Monika sicherlich am besten einordnen.“

Monika Haslberger: „Eine der Aufgaben der Bundesvereinigung ist es, auf Bundesebene Lobbyarbeit für Menschen mit Behinderung zu machen. In Berlin sind wir sehr nahe an der Politik und das zeigt sich darin, dass wir gerade im Vorfeld von Gesetzesentwürfen, die unsere Menschen betreffen, mit eingezogen werden und um Stellungnahmen gebeten werden. Allein im letzten Jahr gab es 29 Stellungnahmen unter anderem zu den Themen: gute Pflege, Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, inklusiver Arbeitsmarkt, Gesundheitsvorsorge, Eingliederungshilfe, SGB VIII, Menschen mit Behinderung im Krankenhaus und Wahlrecht für Menschen mit Unterstützungsbedarf. Parallel dazu führt die Vorsitzende eine Reihe von Gesprächen mit der Politik. An vielen Themen müssen wir einfach dranbleiben und immer wieder auf uns aufmerksam machen.“

Frau Haslberger, was bedeutet Ihnen die Ehrenmitgliedschaft?

Monika Haslberger: „Die Ehrenmitgliedschaft sehe ich als besondere Auszeichnung, als symbolische Würdigung meiner jahrelangen Mitarbeit im Vorstand der Bundesvereinigung. Es ist für mich ein Geschenk, das zeigt, wie sich mein Engagement für unsere Menschen mit Unterstützungsbedarf auf Bundesebene gelohnt hat.“

Wenn Sie auf Ihre langjährige Amtszeit zurückblicken: Was waren persönliche Meilensteine?

Monika Haslberger: „Ein besonderer Meilenstein war sicherlich die Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden, damals noch unter dem Vorsitz von Robert Antretter. In dieser Funktion hatte ich besonders wichtige Entscheidungen mit zu verantworten.
Aber auch meine Tätigkeiten in anderen Gremien auf Bundesebene habe ich in besonderer Erinnerung, zum Beispiel die Begleitung des Ausschusses Arbeit, die Vertretung der Lebenshilfe im Präsidium der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten, die Konferenz der Fachverbände, der Arbeitskreis Seelsorge. Es war manchmal eine große Herausforderung – man sitzt ja sehr oft als einzige ehrenamtlich teilnehmende Person in den Sitzungen – aber ich habe auch sehr viel dazu lernen können. Aber das unterscheidet eben die Lebenshilfe von anderen Verbänden – sehr viel Ehrenamt von Angehörigen und Betroffenen.
Sehr dankbar war ich auch für die immer sehr freundschaftliche Zusammenarbeit mit unserer Vorsitzenden, mit meinen Kolleg*innen aus dem Vorstand und mit den Mitarbeitenden der Bundesgeschäftsstelle.“

Die Entscheidungen in Augsburg und Berlin zeigen, dass Inklusion keine Frage des guten Willens, sondern eine Aufgabe mit Anspruch ist. Haslberger und Wäger tragen mit vielen anderen Engagierten dazu sichtbar bei – für Menschen mit Unterstützungsbedarf, für ihre Familien und für eine Gesellschaft, die allen gerecht werden soll.

Kommentieren